Montag, 23.05.2016
DISA, Diplomatic and International Spouses in Africa, der Club in dem ich bin, hat wie gesagt einige interessante Projekte am laufen. Wichtig dabei ist, dass diese Projekte langfristig unterstützt und kontrolliert werden. Zwei dieser Projekte habe ich nun schon begleitet.
Es gibt ein Heim für misshandelte Mädchen. Die jüngste ist neun und die älteste 18 Jahre alt. Mit diesen Mädchen waren wir in einem Pferdestall. Das war ein schöner Ausflug für die Mädels. Schon witzig, dass fast alle Mädchen auf Pferde stehen.
Ein anderes, in meinen Augen geniales Projekt ist Appropriate Paper Technology (APTERS). Eine sehr einfache Unterkunft nahe dem Krankenhaus, die aus Pappmaché Stühle, Gehhilfen, Krücken, Physioturngeräte und vieles andere baut. Vor ca. 20 Jahren hat eine deutsche Physiotherapeutin angefangen, Kindern eine Stehhilfe zu bauen, damit behinderte Kinder nicht den ganzen Tag auf dem Boden liegen müssen. Mittlerweile ist daraus diese kleine „Firma“ geworden. Drei gehbehinderte afrikanische Männer, leiten dieses Haus. Besser gesagt diese größere Garage.
Immer wieder gab es Therapeutinnen, die ihre Männer nach Sambia begleiteten. Jedes Jahr hat eine dieser Damen die Aufgabe übernommen, einmal pro Woche Kinder zu vermessen, um maßgebaute Hilfen zu basteln.
Kenneth, Peter und Thomas, die drei Afrikaner, haben geniale Ideen, wie man dies billig umsetzen kann. Keine Mutter wird dort weggeschickt. Wer die paar Kwacha nicht bezahlen kann, hilft halt die nächste Zeit mit beim Bauen für andere Leute. Da stehen junge Frauen am Kochtopf und kochen aus Mehl und Wasser den Kleister.
Aus dickem Karton wird dann der maßgenaue Stuhl oder anderes zusammengesteckt. Danach wird alles mit Pappmaché umwickelt, zum Schluss noch bemalt und fertig ist eine wirklich unglaublich stabile Hilfe.
Da Mehl und Strom auch Geld kosten, basteln sowohl die Behinderten als auch deren Mütter noch andere nette Sachen aus Pappe. Wie zum Beispiel Kindertische und Stühle oder auch Stifteboxen, Ketten und Sparschweine. Diese Dinge werden dann auf Märkten verkauft. Beim letzten Schulsommerfest einer Internationalen Schule, auf der die Kinder einer Freundin sind, hat Kenneth 1.000 Kwacha eingenommen. Das sind ca. 100 Euro. Er war so stolz und glücklich. Ihr glaubt nicht wie stabil diese Stühle sind. Wir Erwachsenen saßen darauf ohne Probleme. Der zweite Vorteil ist das Gewicht. Es ist natürlich alles sehr leicht.
Ich bin deshalb so begeistert von diesem Projekt, da man hier auf der Straße kaum Behinderte sieht. Man erzählte mir, dass Afrikaner glauben, Gott habe sie bestraft oder der Teufel stecke in diesen Menschen. Die meisten behinderten Kinder „sterben“ deshalb bei oder nach der Geburt. Wenn sie leben dürfen, werden sie gerne versteckt. Diese Mütter aber stehen zu ihren Kindern. Außerdem finde ich es super, dass Afrikaner sich selber helfen. Nur die Therapeuten sind deutsch oder zur Zeit amerikanisch. Man darf natürlich nicht zu laut sagen, dass sie als Therpeuten arbeiten. Diese Erlaubnis hat noch keine in Sambia offiziell bekommen.
Letzte Woche habe ich unsere Umzugskartons und Luftpolsterfolie abgegeben. Danach hatte ich noch paar Stunden Zeit zum Mithelfen. Ich stand neben einer jungen Frau, deren Tochter nach innen gedrehte Füße hat. Sie erzählte mir, dass der Vater des Kindes sie verlassen habe, da er nicht glaubte dieses Kind sei von ihm. Schließlich gab es noch nie in seiner Familie solche Probleme … Tja, ist halt ein Entwicklungsland. Das muss ich mir oft vorsagen. Ich kann die Welt nicht retten. Leider.
Bei uns in Lusaka beginnen die ersten Wahlveranstaltungen. Im August sind Wahlen für die Präsidentschaft. In vollgestopften Autos, mit wehenden Fahnen rasen singende und grölende junge Menschen an uns vorbei. Da bin ich mal gespannt, wie das in der heißen Phase wird. Einige Leute haben ein wenig Angst davor.
Übrigens: Habe ich schon erwähnt, dass es hier kaum alte Menschen gibt? Dieses Land hat wahrlich keine Probleme mit Veralterung der Gesellschaft. Aber mit AIDS. Die HIV-Tests sind hier mittlerweile kostenlos. Ich sehe nur Menschen zwischen 18 und 40 Jahren. Und Kinder.
Davon aber unzählige. Wenn man bei Dämmerung an den Compounds vorbeifährt, wuselt es wie im Termitenhügel. Dann kommen alle heim. Nur 2% der Bevölkerung sind älter als 50. … und ich.
Sonst gibt es erst mal nichts Neues.
Bis bald